Was treibt den Menschen an, nach was sehnt er sich? Meist nach Glück, es ist die Sehnsucht nach dem puren Glücklichsein. Der Mensch ist häufig auf der Suche, eine innere Unruhe und diese Sehnsucht nach Glück treiben ihn an. Es wird Zeit einmal inne zu halten und in Ruhe zu verweilen und auch still zu sein, vielleicht sogar in der Einsamkeit. Auszuatmen und Kraft zu schöpfen. Die Suche und auch die Sehnsucht für einen winzigen Augenblick zu vergessen.
In der Malerei von Martina Thoms steht der stille und auch manchmal einsame Mensch im Mittelpunkt, nachdenklich, in sich versunken, träumerisch und vielleicht auch suchend. Auf der Suche nach dem Glück mit dem Wunsch einmal auszuatmen und Ruhe zu finden. So spiegelt er unsere eigenen Empfindungen. Der Mensch in Thoms Arbeiten scheint auf der Suche nach seinem Sehnsuchtsort, in der Ferne, in einer Spiegelung, in einem Nichts aus Dunkelheit. Ein Ort, der Glück bringt. Der Betrachter fragt sich unweigerlich: Was denken und suchen die dargestellten Menschen? Wovon träumen sie? Durch diesen Zugang ist der Betrachter direkt in das Bild mit einbezogen. Direkt hineingezogen. Er beteiligt sich an dem Denkprozess und dem daraus resultierenden Ruhen und Innehalten. In Thoms Malerei verdichtet sich alles, die Sehnsucht, die Träumerei, die Suche, die Ruhe und auch die Einsamkeit, alles findet Einklang und setzt sich zu einem Ganzen zusammen. Die Sehnsucht ist ein komplexes Gefühl, höchst individuell. Sie hilft uns mit etwas Unerreichbarem zu leben, denn Sehnsüchte stehen für etwas Schönes, der Vollkommenheit, einem Wunsch, einem Traum, etwas, das uns helfen könnte glücklich zu sein. Aber da die Sehnsucht unerreichbar scheint, trägt sie auch häufig etwas Schmerzhaftes in sich. Sehnsucht ist bittersüß mit einem melancholischen Element verbunden. Die Sehnsucht drängt den Menschen in eine Veränderung, etwas Neues zu erreichen, vollkommen zu werden, so erhoffen wir uns unser Glück. Sie ist aber auch sinnhaftig, denn sie gibt uns eine Richtung, hilft Entscheidungen zu treffen und ebnet so doch auch den Weg ins Glück.
Das Motivrepertoire der Künstlerin umfasst den Menschen in Beziehung mit seiner Umgebung, den Menschen in der Fortbewegung, den Menschen in seiner Natürlichkeit, daneben tauchen in Thoms Bildern auch Tiere, so zum Beispiel Vögel, oder Spuren von Ornamentik auf. Doch häufig sind es Menschen, die von der Künstlerin dargestellt sind, auf ihnen liegt die Konzentration, dabei sind es aber keine Porträts im klassischen Sinne, nicht im Sinne eines Jean-Auguste-Dominique Ingres oder einer Alice Neel. Die Menschen scheinen sich in einer Traumwelt zu bewegen. Es geht nicht um die Darstellung ihrer individuellen Persönlichkeit oder ihrer Charakterzüge. Es geht vielmehr um die Handlung der Suche, um die Emotionen und das unbewusste Streben nach Glück, die den Betrachter mit dem Bild verbinden.
Die feine Malweise, unterstützt durch die bewusste Linienführung, und der zarte Umgang mit der Farbe lässt die Sensibilität der Malerin erahnen und spüren. Es sind weiche Farben, sanft aber dennoch Melancholie ausstrahlend. Der Mensch steht oder sitzt dort in der Mitte, getrieben von der innerlichen Suche nach Etwas, getrieben durch die Sehnsucht nach Glück, nach einer besseren Welt, einem besseren Ich, getrieben durch die Reflexion des Ichs. So beschreibt Martina Thoms auf eine empfindsame Weise das menschliche Gefühl. In ihren Bildern geht es um das Empfinden, das Empfinden, das die Dargestellten zu fühlen scheinen und das, was wir als Betrachter unbewusst oder unterbewusst als Gefühl wahrnehmen. Kurz Empathie. Das Gezeigte, die Sanftheit und diese Gefühle sind zeitlos, nicht gebunden an eine Endlichkeit.
Der Pinselstrich ist mit Bedacht ausgeführt, zart und fein, dennoch mit Kraft und Schwung. So verleiht Thoms ihren Figuren Verletzlichkeit. Die Komposition ist ausgewogen, harmonisch fügen sich die Bildelemente zu- und aneinander. Die fast monochromen Hintergründe rücken die Figuren in den Vordergrund. Zudem sind sie in ein Licht gesetzt, das sie zusätzlich hervorhebt. Sie können in Ruhe ihren Gedanken nachhängen oder den Blick schweifen lassen. Doch auch die Energie, die diese Menschen auf ihrer Suche und auch in ihrem Finden ausstrahlen, ist wahrnehmbar. Auch wenn sie manchmal vielleicht einsam erscheinen, kann das doch heilsam sein für die Seele des Betrachters, der durch seinen Blick das Innerste des Dargestellten für sich erarbeiten kann. Denn durch das Betrachten und Wahrnehmen des Bildes kann er kurz inne halten, für einen Moment aufhören zu suchen und einfach sich dem Werk widmen und schauen. Und vielleicht einen Blick in sich selbst hinein wagen.
MT
Ein Bild zu Malen ist ein Akt des Erschaffens. Das Malen selbst ist für mich ein ständiger Kampf, eine Auseinandersetzung mit mir selbst vor der Leinwand. Stellen im Bild oder Zwischentöne werden wichtig und zum eigentlichen Gegenstand, unabhängig vom Motiv. Ich arbeite immer seriell, an mehreren Leinwänden gleichzeitig. Dabei stelle ich Bilder weg, hole sie wieder hervor, arbeite daran weiter oder übermale sie, kratze Schichten wieder herunter. Die zeitlichen Abstände helfen, mir über Fragen und Motive bewusst zu werden, sie zu erkennen und auf den nächsten Leinwänden weiterzuentwickeln.
Welche Maltechniken bevorzugst du und welche Materialen benutzt du am liebsten?
Ich arbeite mit verdünnter Ölfarbe auf grundiertem Leinen, manchmal auch auf Papier, das ich auf Leinwand aufziehe. Im Prinzip eine sehr alte und klassische Maltechnik. Mir ist es wichtig, Malgrund und Leimfarbe für die ersten Schichten der Leinwand selbst herzustellen, denn mit der Wahl des Untergrundes entscheidet sich die Qualität der weiteren Farbschichten, die wiederum den Malprozess bedingen.
Was leitet dich an? Was ist deine Inspiration?
Malerei begreife ich für mich als Notwendigkeit, als innerstes Bedürfnis. Sie ist das Medium, in dem ich mich ausdrücken kann. Mein Professor hat mich immerzu bestärkt, eine ehrliche Malerei zu vertreten. Alles, was du auf die Leinwand bringst, zeigt dich, unabhängig vom Motiv. Empfindungen, Gedanken, Reflexionen, Erfahrungen, Lebensalter, Vorstellungen, Prägungen konzentrieren sich während des Malens in Ölfarbe auf Leinwand. Meine Figuren entstehen nicht nach lebenden Modellen, sie sind Erfindungen, Collagen aus allem möglichen Vorhandenem und Gesehenem. Motivisch bediene mich am Bildrepertoire unseres Kulturkreises, wie Malerei, Zeichnungen, Skulpturen, die ich z. Bsp. auf Reisen gesehen habe. Für mich sind das bereits begriffene Formen, Körper und deren Ausdruck aus vergangenen Jahrhunderten, an denen ich mich abarbeite, die ich aufgreife und mit meinen eigenen Überlegungen und Erfahrungen abgleiche.
Menschen stehen oft bei dir im Mittelpunkt und du kannst wunderbar Gefühle durch verschiedene Mimik malerisch ausdrücken. Was haben Menschen und Gefühle für eine Bedeutung in deiner Arbeit? Ist es dir hier wichtig ein Gefühl zu vermitteln, vielleicht auch Empathie zu erzeugen?
Ja, so könnte man es formulieren. Die Sehnsucht nach der Figuration, v.a. der weiblichen Figur, durchzieht mein Verhältnis zur Malerei. Das Phänomen, körperlich zu betrachten, d. h. mit dem Bezug zum eigenen Körper ein Bild zu begreifen und zu empfinden, fasziniert mich. Ich versuche den Körper aus den Farbschichten herauszuarbeiten und dabei Momente in der Malerei zu finden, die Empfindung auslösen; ein Bauchnabel, eine Brustwarze, eine Lichtreflexion auf einem Knie.
In deinen Arbeiten besteht eine Harmonie zwischen Farbe, Komposition und Proportionen. Und du rufst in der Betrachtung Emotionen hervor. Ist dir bei all dem auch der Inhalt, eine Aussage vielleicht wichtig?
Meine Malerei hat kein inhaltliches Thema, das ich in Motiven umzusetzen versuche. Es geht mir zuerst um das Bild an sich, die Malerei und das Ausloten ihrer Möglichkeiten. Dabei ist meine Beziehung zu Leinwand und Farbe von der Figuration und meinem eigenen Empfinden durchzogen. Daran messe ich mich während des Malprozesses und mein Ergebnis: Ob ein Moment auf der Leinwand entstanden ist, das Empfinden auslösen kann. Ob oder was der Betrachter vor meinen Bildern fühlt, soll jedoch ihm überlassen sein.
ohne Titel, 2015
Ölfarbe auf Leinwand
100 x 80 cm
ohne Titel, 2015 (Junge)
Ölfarbe auf Leinwand,
gerahmt
80 x 60 cm
ohne Titel, 2015
Ölfarbe auf Leinwand
110 x 95 cm
ohne Titel, 2017
(kauernder Akt,
Rückenansicht)
Ölfarbe auf Papier auf Leinwand
40 x 30 cm
ohne Titel, 2015
(kauernder Akt,
Vorderansicht)
Ölfarbe auf Leinwand
40 x 30 cm
ohne Titel, 2015
(Vogel Kinderhand)
Ölfarbe auf Leinwand
21 x 23 cm
ohne Titel, 2015
Ölfarbe auf Papier auf
Leinwand
60 x 48 cm
ohne Titel, 2018
Ölfarbe auf Leinwand
60 x 48 cm
Ausstellungsansicht
„Falling into Darkness”
Galerie Röpke Köln, 2014
ohne Titel, 2018
(Hand I)
Öl und Leimfarbe auf
Leinwand
21 x 23 cm
ohne Titel, 2018
(Hand II)
Öl und Leimfarbe auf
Leinwand
35 x 32 cm
ohne Titel, 2015
Öl und Leimfarbe auf
Leinwand
40 x 29 cm
ohne Titel, 2015
Öl und Leimfarbe auf
Leinwand
23,5 x 17,5 cm
ohne Titel (Kopf), 2018
Ölfarbe auf Leinwand
28 x 27 cm
ohne Titel, 2018
(Blaumeise)
Öl und Leimfarbe auf
Leinwand
21 x 23 cm
Studie, 2018
(Mutter mit Kind)
Bleistift und Buntstift
auf Papier
29,7 x 20,7 cm
ohne Titel, 2018
Ölfarbe auf Papier auf
Leinwand
40 x 30 cm
ohne Titel, 2018
Mischtechnik auf Papier
42 x 29,6 cm
ohne Titel, 2018
(Kopf)
Ölfarbe auf Leinwand
28 x 27 cm
Atelieransicht, 2018
21 x 23 cm